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Veröffentlicht im Liechtensteiner Vaterland am 17.09.2020 von Damian Becker.

Die «IG Elternzeit» setzt sich für die Einführung einer Elternzeit in Liechtenstein ein. Das Vorhaben könnte Unternehmen nützen.

Die Elternzeit ist in Staaten wie Schweden bereits Realität. Liechtenstein zeigt sich in diesem Belang rückständiger. 20 Wochen Mutterschaftsurlaub und ein Tag, an dem der Vater freinehmen darf, sind gesetzlich geregelt. Durch eine EWR-Regelung muss Liechtenstein künftig jedoch zwei Wochen Vaterschaftsurlaub einführen. Das reicht den Initianten der «IG Elternzeit» al- lerdings noch nicht. «Für uns ist es unverständlich, wieso der Staat in der heutigen Zeit vorschreibt, wer die Kinder nach der Geburt hüten soll», sagt Mitinitiant Stephan Agnolazza-Hoop. «Das traditionelle Modell mit dem Vater als Ernährer und der Mutter als Hausfrau bildet die Realität nicht umfassend ab». Deshalb schlossen sich Stephan Agnolazza-Hoop, Lino Nägele und Orlando Wanger, die beiden letzteren selbst junge Väter, zusammen und gründeten die «IG Elternzeit». Sie setzen sich für eine Elternzeit ein, wobei die Eltern selbst entscheiden können, wer für wie viele Wochen das Kind betreut.

Detailabklärung an der Gründungsveranstaltung

Grundsätzlich sind die Forderungen der «IG Elternzeit» noch nicht in Stein gemeisselt. «Wir sehen uns als Kickstarter», so Agnolazza-Hoop. Ein Vorschlag wäre beispielsweise eine 14-wöchige Elternzeit, zusätzlich zu den acht Wochen Mutterschutz, welche man diskutieren möchte. Am 20. Oktober findet die Gründungsveranstaltung in Schaan statt. Dort soll mit den Teilnehmern die Detailarbeit aufgenommen wer- den. Fragen, wie viele Wochen Elternzeit letztlich eingeführt werden sollen, wie viel Prozent des Lohns der Arbeitgeber in dieser Zeit zu zahlen hat und ob sie eine Gesetzesinitiative einreichen wollen, werden dann beschlossen.

Vorteil für den Wirtschaftsstandort

Bei der Einführung der Elternzeit steht wie anfänglich beim Vaterschaftsurlaub die Sorge um die wirtschaftliche Tragbarkeit im Raum. Solche Bedenken entkräftet Agnolazza-Hoop: «Die Elternzeit kann kostenneutral umgesetzt werden.» Die vorgeschlagenen 14 Wochen, zusätzlich zu den acht Wochen Mutterschutz, summieren sich aus den 12 Wochen Mutterschaftsurlaub und den zwei Wochen Vaterschaftsurlaub, welche Liechtenstein durch die EWR-Gesetzgebung einführen muss. Laut Agnolazza-Hoop profitiere der Wirtschaftsstandort davon. Umliegende Länder wie Österreich und Deutschland verfügen über grosszügigere Karenzsysteme und Schweizer Firmen bieten bereits auf freiwilliger Basis eine Elternzeit. Hohe Gehälter, wie sie Liechtensteiner Unternehmen bieten, sind gemäss Agnolazza-Hoop nicht der einzig ausschlaggebende Grund für junge Menschen, sich für eine Stelle zu bewerben. «Eine Elternzeit steigert die Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes. Praktisch könnte sie in Liechtenstein dem Fachkräftemangel entgegentreten.»
Zudem fördere der Vaterschaftsurlaub die Geschlechtergleichstellung, ist Agnolazza-Hoop überzeugt. Als Beispiel nennt er ein fiktives Paar, das um die dreissig und noch kinderlos ist: «Wenn sich die Frau um einen Job bewirbt, ist der Arbeitgeber eher geneigt, ihr abzusagen. Sie könnte ja schwanger werden und deshalb dem Arbeitgeber länger ausfallen.» Bei einer Elternzeit würden solche Überlegungen obsolet werden.